Leadership

Maxime Morand
Direktor Human Ressources Management
In Zusammenarbeit mit Delphine Rinaldi

Noch vor kurzem waren die der beruflichen Weiterbildung gewidmeten Regale der Bibliotheken reich an Werken �ber das Management. Heute sinken die Verkaufszahlen solcher B�cher stetig und die Nachfrage gilt vermehrt B�chern zum Thema Pers�nlichkeitsbildung, mit einer nie gesehenen Wachstumsrate von 80% im Jahr �ber die letzten drei Jahre hinweg. Dieser Trend scheint nicht nur eine konkrete operative Effizienz, wie zum Beispiel die F�higkeit Personen in Projekte einzubinden, zu f�rdern, sondern auch zu Erkenntnissen zu f�hren. Und zwar, seinen eigenen Wert und Wichtigkeit zu kennen, um auf Andere eine positive Ausstrahlung zu haben. Die geschilderten Methoden gehen vom individuellen Coaching f�r gestresste Manager �ber Gruppenausbildungen zur positiven Beeinflussung von Verk�ufer/Kunden-Beziehungen. Die Ans�tze der vielf�ltigen Methoden sind oft verschieden, haben aber immer eines gemeinsam : Der Glaube oder die �berzeugung, dass in jedem von uns eine Kraft steckt, die nur darauf wartet, gef�rdert zu werden, wenn man nur in der Lage ist, einige schon seit der Kindheit programmierte negative Verhaltensmuster zu �berwinden.

An f�r sich ist die Erkenntnis, dass ich �ber viele Ressourcen verf�ge und diese mit einer gewissen Methode auch freisetzen kann, sehr positiv. Pers�nlich kann ich jedermann empfehlen, sich in dieser Landschaft umzuschauen. Man findet angenehme und einfache L�sungen, um mit sich selbst sowie mit Anderen besser umgehen zu k�nnen, um mehr Lebensqualit�t oder gar Zufriedenheit zu gewinnen. Doch die Arbeitswelt, die konkrete �bernahme von Verantwortung, der langfristig aufzubauende Ruf und der Erfolgsdruck setzen F�hrungseigenschaften voraus, welche nicht nur mit einer mentalen Neuprogrammierung zu gewinnen sind. Die Konfrontation mit Anderen, mit den immer wieder auftauchenden Widerspr�chen, der faire Umgang mit Menschen und die F�higkeit, Projekte durchzuf�hren, setzen eine vielf�ltigere Pers�nlichkeitsbildung voraus.

Wie k�nnte man Leadership definieren ? Wir wagen einen Vorschlag : Ein Leader wirkt auf Menschen und Projekte ein und tr�gt so zum Erfolg dieser Menschen und Projekte bei. Einwirken bedeutet nicht manipulieren. �Einwirken� bedeutet die Erzeugung einer Kraft, welche der gesamten Gruppe und deren einzelnen Bestandteilen einen Schub gibt. Es wird eine Dynamik erzeugt, welche die Erkennung der Probleme, die Definition von Zielen, die Entwicklung von m�glichen L�sungsmodellen und die Durchf�hrung der geplanten Etappen f�rdert. Woher stammt diese Einwirkungskraft ? Ist sie auf ein �berdimensioniertes Ego oder auf die �berwindung und Vertuschung von offensichtlichen Mankos zur�ckzuf�hren ? Ist es eine angeborene Gabe, oder die Umsetzung von auf dem manchmal holprigen Lebensweg angesammelten (nicht nur guten) Erfahrungen ? Wurde diese Kraft aus de intensiven Studium des Seins oder aus seinem erlernten Knowhow gesch�pft ? Ist sie der Ausdruck einer offensichtlichen Ausstrahlung seiner Pers�nlichkeit oder einer �berdurchschnittlichen Widerstandsf�higkeit dem Stress gegen�ber ? Alle Antworten haben wom�glich etwas Wahres an sich. Es n�tzt aber nicht viel, sich mit solchen Standardfloskeln zu begn�gen. Deshalb wollen wir versuchen diesen Dschungel von Erkl�rungen ein wenig zu durchforsten.

Eine erste Frage gilt es zu beantworten : Kommt man als F�hrungspers�nlichkeit zur Welt, ist diese Eigenschaft angeboren oder wird sie angelernt ? Mit anderen Worten : Liegt die F�hrungsf�higkeit in der Natur oder in der Kultur ? Es ist schwer, in wenigen Worten den Aneignungsprozess von Wissen und Kompetenzen zu verdeutlichen. Aber eins scheint mir eindeutig : Das Angeborene und das Angeeignete sind nicht voneinander zu trennen. W�re das Angeeignete ein Schatz, so w�re sein Preis, sein Wert ohne Markt nicht festzulegen denn er bliebe ein verborgener Schatz. Und der vom Angeeigneten gebildete Marktplatz w�re ohne Austauschund Kaufware nutzlos. Der Markt lebt von der angebotenen Ware und eine Ware ist ohne Markt so gut wie wertlos. Meine angeborenen Eigenschaften kommen nur in Wechselwirkung mit Anderen zum Vorschein; aber ohne Austauschware bleibt die Wechselwirkung nutzlos. Ich werde also was ich bin, und bin was ich sein werde. Man muss sich seiner potentiellen Kompetenzen bewusst sein und den Willen haben, diese zum Vorschein zu bringen. Leadership gr�ndet sowohl in einer n�chternen Auflistung seiner W�nsche als auch in der F�higkeit, solche W�nsche mit der Realit�t zu konfrontieren. Die Pers�nlichkeitsbildung, wie sie heute oft dargestellt wird, wirkt ein wenig autistisch. Ich quatsche mit mir selbst um mein Potential zu vergr�ssern. Wo bleibt dabei die Andersheit und die Freiheit der Anderen ? Wie geht man dann mit einer Realit�t um, welche sich oft den Idealvorstellungen nicht anpassen l�sst ? All dies sind viele Worte, um nur eins zu sagen : Erfahrungen muss man sammeln. Doch Erfahrungen macht man nur, wenn man am Anfang w�nscht und gewillt ist, Risiken einzugehen und existieren zu wollen. Hier wird man sagen, dass alles nur vom Charakter der jeweiligen Person abh�ngt. Ich k�nnte dem zustimmen, unter der Voraussetzung man erkennt, dass der Charakter sich im stetigen Wandel befindet, sich aus Wechselwirkung formt und auf Andere einwirkt.

Ein zweites Thema muss uns noch besch�ftigen : Reichen Charakter und Format aus, um Leader zu werden, um Menschen und Projekte beeinflussen zu k�nnen ? Wir sind k�rperliche Wesen. Unser Atem, die Energie und unsere Seele dr�cken sich nur �ber die Sinne, Worte, Gesten, Verhaltensweisen sowie wahrnehmbare Geisteshaltungen aus. Also reicht Pers�nlichkeitsformat allein nicht aus, um eine F�hrungspers�nlichkeit zu sein, es muss sich in einer sichtbaren Verhaltensweise ausdr�cken. Wenn man Einfluss nehmen will, muss dieser Einfluss mit wahrnehmbaren, vorrausehbaren Verhaltensweisen �bermittelt werden. Sie k�nnen bis �ber beide Ohren in die sch�nste Frau der Welt verliebt sein : Solange Sie ihr nichts davon sagen und kein Rendez-vous mit ihr haben, gibt es diese Liebe nicht oder nur als Trugbild. Eine F�hrungspers�nlichkeit muss ihr Verhalten so gestalten, dass ihr Einfluss nach aussen Wirkung zeigt und dass sie von aussen auch Informationen sammeln kann. Seine Verhaltensweise formen bedeutet das Erlernen einer Disziplin und die Verinnerlichung einer gewissen Anzahl von Regeln und Verhalten skodizes, die den Austausch zwischen der Realit�t und sich selbst erm�glichen. Seine F�hrungsf�higkeiten entwickeln, bedeutet seine Umgebung wahrnehmen, analysieren und integrieren. F�hrung bedeutet auch die F�higkeit, sich und die Ausdrucksweise seiner W�nsche und seines Willens zu kontrollieren.

Kurz gefasst haben sich die neuen Wege zur Ergr�ndung der F�hrungsf�higkeiten zum Ziel gesetzt, effiziente Verhaltensmuster (d.h. f�r Mensch und Projekt erfolgsf�rdernde Einwirkungen) zu beschreiben. Diese sind 6 an der Zahl und k�nnen wie folgt beschrieben werden :

1. EINDEUTIGE �BERMITTLUNG DER ERWARTUNGEN

Ein Leader sorgt daf�r, dass alle Mitglieder eines Teams oder eines Projektes �ber den von ihnen erwarteten Beitrag zum Erfolg des Projektes informiert sind. Die Mitglieder des Teams werden im Projekt eingebunden.

2. IDENTIFIZIERUNG MIT DER ROLLE DES VERANTWORTLICHEN

Ein Leader kann die Kr�fte der anderen mobilisieren und scheut es nicht, sich selbst mit Freude einzubringen; er nimmt das Risiko einer Kritik an den von ihm getroffenen Entscheidungen auf sich.

3. ERZEUGUNG VON SPITZENLEISTUNGEN

Ein Leader ist handlungsorientiert und setzt auf die Einbringung eines jeden zum Erreichen der gesetzten Ziele.

4. DER MENSCHSTEHT IM MITTELPUNKT

Eine F�hrungspers�nlichkeit weiss, dass ihre Spontaneit�t, ihre Verf�gbarkeit, ihr offenes Ohr und ihre Hilfsbereitschaft dazu beitragen, dass die Mitglieder sich in ihrem Team als Mensch und nicht nur als Leistungstr�ger f�hlen.

5. ORGANISIERTE ABL�UFE

Der Leader organisiert und �berwacht die Abl�ufe, damit diese reibungslos durchgef�hrt werden k�nnen und erm�glicht es, dass jeder den Fortschritt des Projektes erkennen kann.

6. FEED BACK UND WEITERBILDUNG

Ein Leader teilt seine Kenntnisse und Erfahrungen mit seinem Team. Feed back �ber erlangte Ergebnisse werden weitergeleitet, Leistungen werden anerkannt und Einsatzgebiete klar definiert. Missst�nde werden ohne zu z�gern in Angriff genommen.

Diese Verhaltensmuster sind bestimmt nicht die Wunderl�sung f�r alle Probleme und k�nnen nicht alle m�glichen menschlichen Defizite ausgleichen. Erkennt jedoch eine F�hrungskraft, dass sie sich nicht nur auf ihr pers�nliches Charisma berufen kann und manchmal dem Autopilot das Ruder �bergeben sollte, so ist dies vielleicht ein Schl�ssel zum Erfolg ihrer Projekte und ihres Teams.

Der Leader muss an sich selbst arbeiten, um eine Reihe von Kompetenzen, Energien und Enthusiasmus zu erzeugen und zu entwickeln : Dies ist der Sinn und Zweck der Pers�nlichkeitsbildung und -entwicklung. Die so entwickelten F�higkeiten m�ssen noch den Test der Realit�t �berstehen : Dies ist die Kunst, Risiken kalkuliert und diszipliniert einzugehen.